Ultralauf, Namibia, 2017 100 Kilometer durch die Wüste Namibias

Vier Etappen durch sengende Hitze, vorbei an verdorrten Bäumen und über rot glühende Dünen hinweg. Beim 100-Kilometer-Lauf durch die Wüste Namib geht Friedhelm Weidemann an seine Schmerzgrenze.

Sengende Hitze, unendliche Stille

Ein Lauf, durch die älteste Wüste der Welt, 100 Kilometer lang: Friedhelm Weidemann hat ihn gewagt. Durch tote Flussbette und Salz­pfannen, über riesige Sanddünen, ohne einen Hauch von Schatten. Für den 58-Jährigen waren die Etappen mehr als ein läuferisches Erlebnis – Friedhelm Weidemann hat auch die Folgen des Klima­wandels hautnah erfahren.

Unser Klimaheld

Friedhelm Weidemann, 58 Jahre

  • Läuft seit 32 Jahren
  • Hat 301 Marathons bestritten
  • Sein Motto: „Der Sinn des Lebens ist, nichts zu versäumen!“
  • Nächstes Ziel: ein Marathon im Himalaja

Tag 1 (15 km)
Mit 21 Sportlern aus 7 Nationen startet Friedhelm Weidemann am Abend des 4. Dezembers 2017 in den insgesamt 100 Kilometer langen Ultralauf durch die karge Namib-Wüste.

Tag 2 (21 km)
Die zweite Etappe führt den Läufer durch den ausgetrockneten Sesriem-Canyon – ein Flussbett, das nur alle fünf bis sieben Jahre Wasser führt.

Tag 2
Jeder Kilometer macht Weidemann die Folgen des Klima­wandels bewusst: Die Wüste breitet sich aus, durch die seltenen Niederschläge vertrocknen die wenigen Bäume.

Tag 3 (42 km)
Die härteste Etappe ist der Marathon durch die Namib-Wüste.

Tag 3
42 Kilometer, Temperaturen bis zu 56 Grad, kein Schatten – Friedhelm Weidemann kommt an seine Grenzen.

Tag 4
Die letzte Etappe führt Weidemann durch das Sossusvlei, eine von Sanddünen umgebene Salz-Ton-Pfanne. „Ich habe keine Tiere gesehen, nur vertrocknete Baumstümpfe. Die Wüste nimmt sich Flächen, die für die Landwirtschaft gebraucht werden.

Tag 4
Auf dem heißen, dichten Wüstensand kann Weidemann die Dune 45 nur langsam erklimmen. Sie ist gut 170 Meter hoch und zählt zu den schönsten Dünen der Namib.

Tag 4
Motiviert durch den Teamgeist der anderen Sportler ...

Tag 4
... schafft es Friedhelm Weidemann überglücklich ins Ziel. Er hat die kräfte­zehrenden Etappen mit viel Herz und Wille gemeistert.

Tag 4
Weidemann bekommt einen Sonderpreis, weil er von allen Teilnehmern die meisten Marathons gelaufen ist. 301 Läufe hat der 58-Jährige absolviert. Der Preis sind Geschenke der Wüste: Sand, Knochen und Dornen­zweige.

Land der Extreme

Wüste auf dem Vormarsch

Zunehmende Dürreperioden führen zur Verbuschung. Die Wüste könnte sich weiter ausbreiten – mit gravierenden Folgen: Landwirtschaftliche Nutzflächen werden weniger und die Artenvielfalt droht zu verschwinden.

Die Wüste breitet sich immer weiter aus und es ist wichtig, dass man dagegen was tut.

Kostbares Wasser

Namibia ist das trockenste Land südlich der Sahara. 83 Prozent des Niederschlags verdunsten sofort, 14 Prozent werden von der Erdoberfläche aufgesogen, 2 Prozent von Dämmen aufgenommen – und lediglich ein Prozent sickert ins Grundwasser. Der Klimawandel führt zu extremen Wetterphänomenen. Überflutungen und Dürreperioden treten immer häufiger auf.

Vorbilder vor Ort

Die Erfinder des ersten Solartaxis Namibias

Mit Bauteilen vom Schrottplatz, Sonnenenergie, Kreativität und Enthusiasmus arbeiten Professor Pio Barone Lumaga und Studierende der Universität Namibias an einer emissionsarmen Zukunft Afrikas.

Die Erfinder des ersten Solartaxis Namibias

Das Team

2016 entwickelten 15 Studierende der Namibia University of Science and Technology (NUST) den ersten Prototyp eines afrikanischen Solartaxis. Das inter­disziplinäre Team besteht aus Ingenieuren, Maschinen­bauern und Elektro­technikern der ingenieurs­wissenschaftlichen Fakultät sowie des Berufs­bildungs­zentrums in Windhoek. Rene Mukasa gehört seit 2017 dazu. Die 28-Jährige kommt aus Katima Mulilo, einer Kleinstadt im Nordosten Namibias. Sie hat Elektro­technik studiert. Als Projekt­managerin hält sie die Fäden zusammen, an der Seite von Professor Pio Barone Lumaga. Der Direktor des Innovation Design Laboratory (IDL) an der NUST ist gebürtiger Italiener. In seiner Heimat war er einer der ersten Umwelt­ingenieure; bereits in den 1990er-Jahren entwickelte er Pkw für führende europäische Automobil­hersteller. 2015 gründete er an der NUST das Innovation Lab als das Zentrum inter­disziplinärer Forschung, das Lösungen für die zentralen Probleme Namibias entwickelt.

"Ich finde es faszinierend, Teil einer grünen Energie-Bewegung in Namibia zu sein.“ Rene Mukasa

Das Projekt

„Frankenstein“ – so nennen die Studierenden den ersten Prototyp ihres Solartaxis, weil sie es aus vielen Teilen gebaut haben, die sie auf einem Schrottplatz sammelten. Ihr Namibia Solar Electric Utility Vehicle I. (NSEUV I.) besteht aus der kreativen Zusammenstellung eines grünen Metallfahrgestells, ausrangierter Sitze, Rädern eines Autos und eines Motorrads und weiteren Komponenten. Drei mono­kristalline Solar­paneele auf dem Dach nehmen Sonnen­energie auf, die von Lithium-Ionen-Batterien gespeichert wird. Derzeit arbeitet das Team am zweiten Prototyp. Dank eines Fahrgestells aus Aluminium ist der Nachfolger mit 280 Kilogramm ein echtes Leichtgewicht und kann bis zu 320 Kilogramm Ladung transportieren. Das Team plant, vier flexible Photovoltaik-Module zu installieren, die Anzahl der Batterien um das Vierfache zu erhöhen und ein softwareintegriertes Sensor­system einzubauen, um die Fahr­sicherheit zu erhöhen.

"Es ist zwar komplizierter, Bauteile zusammenzufügen, die aus unterschiedlichen Quellen kommen. Aber man wird kreativer und lernt mehr über die Funktions­weise.“ Brian Lweendo, Maschinenbau-Student

Die Ziele

Aktuellen Studien der UN zufolge werden 60 Prozent der afrikanischen Bevölkerung bis 2050 in Städten leben. Gut 50 Prozent des öffentlichen Nahverkehrs werden in Afrika mit Taxis bewerkstelligt, die mit fossilen Brenn­stoffen betrieben werden – ein Grund, warum das NUST-Team eine umwelt­freundliche Alternative entwickelt. Gegenüber einem Verbrennungs­motor hat das solarbetriebene E-Mobil entscheidende Vorteile: Es nutzt 85 Prozent der durch die Sonne erzeugten Energie und stößt beim Fahren keine klimaschädlichen Emissionen aus. Lumaga geht es aber nicht nur um die Produktion des Solartaxis: Mit seinem angewandten Forschungs­projekt möchte der 73-Jährige ein schnelles und kreatives Arbeits­umfeld etablieren und die Studie­renden zu mehr unter­nehmerischem Denken und Handeln motivieren.

"Wir haben in Namibia die meisten Sonnentage weltweit, aber wir nutzen diese kostenlose Energie noch zu wenig.“ Pio Barone Lumaga

Die Ergebnisse

Der zweite Prototyp wird in den nächsten Monaten fertig­gestellt und seine ersten Testfahrten auf den Straßen Windhoeks aufnehmen. In den kommenden zwei Jahren will das Team das Modell optimieren und einen dritten Prototyp entwickeln. Das Solartaxi soll wie ein moderner Pkw mit software­basierter Assistenz­technologie ausgestattet sein. Damit es zu den unter­schiedlichen Bedürfnissen der Namibier passt, hat Lumaga einen modularen Designansatz entwickelt: Es wird eine Basisversion des Solarmobils geben, die mit entsprechenden Bauteilen erweitert und als Pick-up, Van oder Bus ausgebaut werden kann. Die Basisversion lässt sich aber auch zu einem Motorrad herunterskalieren. Das Team möchte Unternehmen vor Ort als Partner gewinnen, um nachhaltig zu produzieren und die lokale Transport­industrie anzukurbeln. Die Basisvariante des Solarmobils made in Namibia soll umgerechnet ab 5.000 Euro zu haben sein.

Mehr erfährst du hier: nust.na

"Wir wollen die Technologie so weit vereinfachen, dass unser Solarmobil in Namibia hergestellt werden kann.“ Rene Mukasa

Viktoria Keding, Schützerin von Umwelt und Kultur

Den Einwohnern Namibias zeigen, wie sie vor Ort weniger Ressourcen verbrauchen und dabei die eigene Kultur respektieren: Das hat sich Viktoria Keding mit ihrem Projekt The Namib Desert Environmental Education Trust, kurz NaDEET, zur Aufgabe gemacht.

Viktoria Keding, Schützerin von Umwelt und Kultur

Der Mensch

Deutsche Wurzeln, eine amerikanische Heimat und ein Herz, das seit gut 20 Jahren für Namibia schlägt – Viktoria Keding hat mehrere Heimaten auf der Welt. Nach ihrem Umweltschutz-Studium im amerikanischen Brunswick in Maine geht sie mit 22 Jahren als freiwillige Umwelterzieherin nach Namibia. Dort lernt sie bei der AfriCat-Stiftung ihren Mann Andreas Keding kennen – und bleibt im Süden Afrikas. 2003 günden die beiden das NaDEET-Center, das inmitten des NamibRand-­Naturreservats liegt. Mit ihrer Organisation engagiert sich Viktoria Keding für den Klima- und Umweltschutz vor Ort.

„Auf diesen Job kann dich keine Uni vorbereiten. Die wenigen natürlichen und finanziellen Ressourcen, über die wir in Namibia verfügen, haben mich zu einer kreativen und inno­vativen Geschäfts­führerin gemacht.“

Das Projekt

Sparsamer Verbrauch von Energie und Wasser, Müll­trennung und der Schutz der Arten­vielfalt: Diese drei Themen lernen Kinder und Jugendliche bei NaDEET kennen. Eine Woche lang leben sie mit acht Kindern wie in Familien in eigenen Häusern – inmitten der Wüste Namib. Bei NaDEET steht vor allem das praktische Lernen auf dem Programm. Während ihrer Zeit im Camp messen die Teilnehmer täglich, wie viel Strom und Wasser sie verbrauchen. Außerdem lernen sie, wie sie ihren Müll recyceln. Gekocht und gebacken wird energie- und rohstoffsparend, etwa mit Solar­energie anstatt mit Feuerholz. Häufig besuchen Schulklassen das ungewöhnliche Trainings­lager. Das Camp kostet umgerechnet 17 Euro für die Woche – generell gilt aber die Regel: Jeder gibt, was er kann. So ist der Aufenthalt auch für Schulklassen offen, deren Schüler eher aus ärmeren Familien kommen. Aber auch Lehrer, und Verant­wortliche aus Gemeinden kommen ins Zentrum, um zu lernen und ihr Wissen anschließend in Schulen und Kommunen weiterzugeben.

„Wir wollen den Menschen keine Lebensart aufzwingen, aber dazu anregen, die Natur eigen­verantwortlich zu schützen, damit ihre Erträge sie auch in Zukunft versorgen.”

Die Ziele

Trotz steigender Wald­rodungen kochen die meisten Namibier immer noch auf offenem Feuer: Menschen in den ländlichen Gebieten können sich keine Elektro- oder Gasöfen leisten. Für viele hat das Feuer eine kulturelle Tradition, „die sich nicht einfach verbieten lässt“, sagt Viktoria Keding. Das Kochen mit Solar­energie ist eine Alternative, die allerdings akzeptiert und praktisch gelernt werden muss. NaDEET hat sich zum Ziel gesetzt, den Einwohnern Namibias zu vermitteln, wie sie ihre Tradition respektieren und im Alltag trotzdem umsichtig mit den wenigen wertvollen Ressourcen umgehen können.

„Uns bleibt keine andere Wahl, als mit den Konsquenzen des Klima­wandels umzugehen. Wir müssen handeln und uns den Veränderungen anpassen.“

Die Ergebnisse

Rund 13.000 Namibier haben seit der Gründung vor 15 Jahren über 400 Lern-Programme des NaDEET-Centers besucht. Das Umwelttraining hat die Teilnehmer für Umwelt­themen sensibilisiert. „Sie gehen zu Hause viel behutsamer mit Wasser und Strom um“, sagt Viktoria Keding. Das Interesse an den Lern-Camps habe in den letzten Jahren zugenommen. „Seit 2011 sind wir ständig ausgebucht mit 30 Gruppen im Jahr“, sagt Viktoria Keding. Deshalb möchte sie das Angebot ausbauen: mit einem Besucher­zentrum in Swakopmund und einem zweiten Öko-Zentrum in einem anderen Natur­schutzgebiet in Namibia. Ein weiteres Ziel der Umwelt­schützerin: ein Netzwerk mit anderen, auch staatlichen Organi­sationen aufzubauen.

Mehr erfährst du hier: nadeet.org

„Wir brauchen diese Form der Umwelt­bildung in Namibia unbedingt.“

Fotos © Carlos García Prieto / NaDEET / Namibia University of Science & Technology